Integration – Diversifikation: Medien und gesellschaftlicher Zusammenhalt im digitalen Zeitalter

Jahrestagung der DGPuK-Fachgruppe Soziologie der Medienkommunikation vom 09.10. – 11.10.2014 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf


Seit der Etablierung privater Rundfunkanbieter in Deutschland und der beginnenden Digitali- sierung in den 1990er Jahren wird erneut befürchtet, dass Medieninnovationen mit einer Fragmentierung der Öffentlichkeit einhergingen. Solchen Negativszenarien gegenüber steht die Argumentation, wonach die zunehmende Diversifikation von Kommunikationsräumen der Vielfalt heutiger Lebensformen gerechter werden würde als monolithische Vorstellungen ei- ner nationalen Öffentlichkeit. Mit Blick auf die gegenwärtigen Entwicklungen im Internet ist die Frage nach der Rolle von Medien in gesellschaftlichen Integrations- und Diversifikationsprozessen relevanter denn je: Der Umfang der prinzipiell zur Verfügung stehenden Medien- inhalte ist in den letzten Jahren geradezu explodiert. Die neuen Möglichkeiten der Partizipa- tion und Vernetzung sowie die Beständigkeit der im World Wide Web publizierten Inhalte übertreffen die Beschreibungen einer „Öffentlichkeit unter Viel-Kanal-Bedingungen“ (Jarren/Krotz 1998) bei Weitem. Das Publikum lässt sich längst nicht mehr auf die nach professionellen journalistischen Normen für relevant gehaltenen Themen verpflichten. Es war noch nie so einfach, Kommunikationsräume jenseits einer zentrierten Massenkommunikation zu erschaffen. Was lange Zeit lediglich als Praxis einzelner gesellschaftlicher Milieus galt, scheint zunehmend zum Normalfall zu werden und stellt Vorstellungen einer funktionalen Integrationsaufgabe von Medien in Frage.

Wie ist es in einer solchen Situation um die kollektive Agenda bestellt, die Gemeinschaften zusammenhalten soll? Oder lassen die gegenwärtigen Entwicklungen erst deutlich werden, dass solche Vorstellungen und die einhergehenden Befürchtungen immer schon unangemessen waren? Hat die Differenzierung des Medienangebots überhaupt einen Einfluss auf die gesellschaftliche Integration? Was ist mit der Funktion einer Selbstbeobachtung der Ge- sellschaft, die dem Journalismus zugeschrieben wird? Sagen Verteidigung und Ablehnung solcher Theorien mehr über das zugrundeliegende Gesellschaftsbild aus denn über gesellschaftliche Kommunikationsprozesse? Hat der Wandel des Gesellschaftsbilds von der „Massengesellschaft“ hin zu individualisierungstheoretischen Sichtweisen solche Fragen grundsätzlich obsolet werden lassen? Diese Punkte machen deutlich, dass der Status der Medienkommunikation für Integration und Diversifikation neu reflektiert werden muss.

Veranstalter: Olaf Jandura (Düsseldorf) Manuel Wendelin (München)

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