AG Becoming International

 

Anliegen und Maßnahmen

Die Welt entwickelt sich rasant polyzentrisch, die westliche Dominanz in Globalisierungsprozessen scheint zu schwinden, die Weltordnung wird durch neue Kriege und populistische Akteure fragiler, Migration und Mobilität verändern die kulturellen Grundlagen von Gesellschaft und moderne Medienumwelten scheinen ihr Übriges zu einem kommunikativen Strukturwandel beizutragen. Die Kommunikationswissenschaft wird von Entwicklungen und Krisen herausgefordert, die nicht mehr allein als isolierte nationale Phänomene zu verstehen sind, sondern deren angemessene Analyse oftmals auch den Einbezug internationaler und transkultureller Zusammenhänge erfordert. Zugleich sieht sich die deutsche Kommunikationswissenschaft mit der Aufgabe konfrontiert, sich im wandelnden internationalen Wissenschaftssystem und -wettbewerb angemessen zu positionieren und einen Beitrag für den Wissenschaftsstandort Deutschland zu leisten.

Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und internationalen Relevanz der Kommunikationswissenschaft verfolgt die AG das Ziel, mit praktischen Handreichungen Orientierung und Impulse für eine gelebte Internationalisierung innerhalb der Fachgesellschaft zu geben. Im Zentrum der Maßnahmen der AG steht eine umfangreiche Überarbeitung der Broschüre „How to go international“ (siehe Referenzen). Die Handreichung soll nicht nur einer Aktualisierung unterzogen werden, sondern sie soll inhaltlich weiterentwickelt werden. Neben dem bisherigen Fokus auf Internationalisierungsstrategien akademischer Karrieren (z.B. Sichtbarkeit auf internationalen Tagungen, in internatio­na­len Publikationen etc.), sollen künftig insbesondere Wege einer Internationalisierung in Lehre und Forschung vorgestellt werden, also auch die „Internationalisierung@home“. Im Sinne des „becoming international“ steht dabei eine Systematisierung von und Orientierung für Internationalisierung in der wissenschaftlichen Praxis im Vordergrund: Dazu zählen etwa a) die Internationalisierung von Inhalten und Gegenständen (z.B. Möglichkeiten des Einbezugs des Globalen Südens, Reflexion der West/US-Orientierung im Fach), b) Möglichkeiten einer kosmopolitischen methodischen Ausrichtung, c) die Anpassung von Theorie („theoretisches travelling“) und d) Transfermöglichkeiten internationaler Forschungspraxis in die Lehre. Die Reflexion dieses erweiterten Anforderungsprofils erklärt die zentrale Verschiebung weg von der internationalen Präsenz (going international) hin zum internationalen Forschen und Arbeiten (becoming international).

Die Mitglieder der DGPuK sollen so für die Notwendigkeit der Internationalisierung und die damit einhergehenden Herausforderungen wie auch langfristigen Potentiale sensibilisiert werden. Zugleich möchte die AG die Mitglieder ermutigen, das eigene wissenschaftliche Handeln vor dem Hintergrund der globalen Fachentwicklung zu reflektieren und die Möglichkeiten zur Stärkung der Internationalisierung kritisch zu prüfen. Es ist das Anliegen der AG, konkrete Angebote zu erarbeiten, die geeignet sind, vor dem Hintergrund unterschiedlicher individueller wie struktureller Voraussetzungen Internationalisierung zu unterstützen und zu normalisieren. Die AG folgt der Auffassung, dass die Internationalisierung der Kommunikationswissenschaft keine Aufgabe Weniger sein und bleiben kann, sondern als Teil des Selbstverständnisses des Fachs von Vielen getragen und gestaltet werden muss.

Es ist geplant, eine erste Version der neuen Handreichung bis zur kommenden Jahrestagung im März 2026 vorstellen zu können und die Publikation und Verteilung an die Mitglieder der DGPuK bis 2027 zu realisieren. Daneben wird an einer weiteren Handreichung zur Internationalisierung in der Lehre als Fortführung aus den bisherigen Diskussionen der Fachgruppe „Internationale und Interkulturelle Kommunikation“ und des DFG-Netzwerks „Kosmopolitische Kommunikationswissenschaft“ gearbeitet, das auf eine Unterstützung von konkreten lehrbezogenen Internationalisierungsmaßnahmen abzielt. Eine erste Sondierung fand bereits während einer Pre-Conference des damals noch bestehenden DFG-Netzwerks bei der DGPuK 2025 in Berlin statt. Weitere Maßnahmen werden als Ergebnis des Workshops konkre­tisiert und sollen parallel zur Überarbeitung der Broschüre für die Fachgesellschaft bis 2026 realisiert werden.

Hintergrund

Seit Juli 2021 haben u.a. viele Mitglieder der Fachgruppe „Internationale und Interkulturelle Kommunikation“ im DFG-Netzwerk „Kosmopolitische Kommunikationswissenschaft“ grundlegende Perspektiven für eine „tiefe Internationalisierung“ der deutschen Kommunikationswissenschaft erarbeitet. Insbesondere ein umfangreiches Mapping der aktuellen Forschungs- und Lehrlandschaft hat erhebliche Defizite einer inhaltlichen und strukturellen Internationalisierung der deutschen Kommunikationswissenschaft ergeben. Die zentralen Ergebnisse wurden im März 2024 auf der 69. Jahrestagung der DGPuK in einem Sonderpanel präsentiert und die programmatischen wie empirischen Grundlagen dazu mehrfach publiziert (siehe Referenzen). Die AG möchte an die Arbeit des DFG-Netzwerks, welches 2025 ausläuft, anknüpfen und durch die geplanten Maßnahmen die Nachhaltigkeit der Internationalisierungsbestrebungen sicherstellen, eine größere Zielgruppe im Fach erreichen und Internationalisierung innerhalb der Fachgesellschaft sichtbar machen.

Verantwortliche

Die Koordination der AG wird bei Dr. Anne Grüne (Universität Erfurt, aktuell Sprecherin der Fachgruppe „Internationale und Interkulturelle Kommunikation“) und Prof. Dr. Carola Richter (Universität Berlin, Koordinatorin des DFG-Netzwerks „Kosmopolitische Kommunikationswissenschaft“) liegen. Der Vorstand der DGPuK hat die AG per Vorstandsbeschluss eingesetzt und wird aktiv und regelmäßig in die Arbeit einbezogen. Es ist zudem geplant, dass die AG in unterschiedlicher Besetzung zusammenarbeitet und für die inhaltlichen Arbeitsabschnitte Kernteams gebildet werden, in denen über die bisherigen Initiatorinnen hinaus auch Mitglieder anderer Fachgruppen und aller Statusgruppen einbezogen werden.

Die AG freut sich aber über Eigeninitiative und bittet alle Interessierten, sich unter folgender Adresse zu melden: becominginternational@dgpuk.de

 

Referenzen

Broschüre:

„How to go international“. DGPuK-Wegweiser Publizieren und Referieren in der internationalen Kommunikationswissenschaft. Stand 2015. 2. Aufl., Mitarbeit: Teresa K. Naab, Christina Peter, Helena Bilandzic, Edmund Lauf und Tilo Hartmann, https://www.dgpuk.de/sites/default/files/How%20to%20go%20international_Auflage%202_2015_1.pdf

 

Evaluation:

Richter, Carola; Grüne, Anne; Hafez, Kai; Fiedler, Anke; Behmer, Markus; Horz-Ishak, Christine; Badr, Hanan;Litvinenko, Anna;Hahn, Oliver; Radue, Melanie; Sarısakaloğlu, Aynur; Löffelholz, Martin; Fengler, Susanne; Illg, Beate; Hamidi, Kefa; Hanitzsch, Thomas & Thomaß, Barbara (2023). Die „tiefe Internationalisierung“ der deutschen Kommunikationswissenschaft? Eine Evaluation der Personal- und Forschungsstrukturen sowie der Lehrprogramme deutscher Hochschulen. Global Media Journal – German Edition, 13(1), https://doi.org/10.22032/dbt.57904


Positionspapier:

Badr, Hanan; Behmer, Markus; Fengler, Susanne; Fiedler, Anke; Grüne, Anne; Hafez, Kai; Hahn, Oliver; Hamidi, Kefa; Hanitzsch, Thomas; Horz, Christine; Illg, Beate; Litvinenko, Anna; Löffelholz, Martin; Radue, Melanie; Richter, Carola; Thomaß, Barbara & Töpfl, Florian (2020). Kosmopolitische Kommunikationswissenschaft: Plädoyer für eine „tiefe Internationalisierung“ des Fachs in Deutschland. Publizistik 65, 295–30. https://doi.org/10.1007/s11616-020-00576-6

 

Debattenpapiere:

Richter, Carola; Litvinenko, Anna; Priyadharma, Subekti; Badr, Hanan (2024). Internationalizing German Communication Studies: Learning From the World. A Conversation Between Carola Richter, Anna Litvinenko, Subekti Priyadharma and Hanan Badr. Global Media Journal – German Edition, 14(1), https://doi.org/10.60678/gmj-de.v14i1.299

de Albuquerque, Afonso; Grüne, Anne; Kraidy, Marwan; Wasserman, Herman (2024). From Islandization to Joint Internationalization: A Conversation About a “Deep” Internationalization in Communication Studies Between Anne Grüne, Herman Wasserman, Afonso de Albuquerque and Marwan M. Kraidy. Global Media Journal – German Edition, 14(1), https://doi.org/10.60678/gmj-de.v14i1.300