Forschungskollaborationen als Auftakt einer akademischen Laufbahn

 

 


Von Marc Jungblut, Ludwig-Maximilians-Universität München & Friedrich-Schiller-­Universität Jena

Drittmittelprojekte sind neben Publikationen zum Goldstandard von wissenschaftlicher Exzellenz geworden. Dabei bieten sie neben dem Zugewinn an Reputation auch die Gelegenheit, sich langfristig mit einem Forschungsgebiet zu beschäftigen. All dies ist mittlerweile bekannt in unserem Fach. Eine bisher nicht so viel diskutierte Perspektive ist jedoch das Potential, welches Forschungskollaborationen Forscher:innen zu Beginn ihrer Karriere bieten.

Meine eigene Erfahrung während der Promotion im Rahmen eines EU-Projekts hat mir gezeigt, dass Konsortialprojekte Promovierenden einen idealen Einstieg in die wissenschaftliche Laufbahn bieten können. Sie ermöglichen es, ohne größere Hürden direkt ein Netzwerk mit erfahrenen Kolleg:innen zu knüpfen, bieten spannende Synergien für Dissertationsprojekte und einen finanziellen Spielraum, der die Teilnahme an Konferenzen und Workshops erlaubt. Gleichzeitig sollten sich die Principal Investigators ihrer Verantwortung gegenüber den eigenen Projektmitarbeiter:innen bewusst sein. Dies betrifft zum einen das Bereitstellen von Mitteln für Promovierende, die sonst oft nur wenig Möglichkeit zur Teilnahme an Projekttreffen und Konferenzreisen haben, und zum anderen auch ein frühzeitiges Denken an die Frage, wie es nach Ende der Förderdauer weiter gehen könnte. Die meisten Projekte werden zwischen drei und fünf Jahren gefördert. Jedoch zeigen kürzlich von der DFG (2021) veröffentlichte Daten, dass nur ca. fünf Prozent der Dissertationen von Personen, die substantiell in von der DFG geförderten Verbünden mitgewirkt haben, in 3 Jahren oder weniger abgeschlossen werden. Die durchschnittliche Promotionsdauer beträgt dabei 51 Monate. Da PIs nicht in der Lage sind, die Förderdauer zu bestimmen oder zu garantieren, dass ein Folgeprojekt genehmigt wird, sollte man frühzeitig die Augen nach möglichen Folgeanstellungen offenhalten. Persönlich hatte ich das Glück, mit Romy Fröhlich eine Betreuerin zu haben, die diese Weitsicht bereits in der Frühphase des Projekts hatte.

Auch direkt nach der Promotion sind Forschungskollaborationen ein idealer Auftakt in die neue Karrierephase. Sie bieten die Möglichkeit, akademische Unabhängigkeit zu erlangen, das eigene Forschungsprofil zu schärfen und den ominösen Status der „Berufbarkeit“ zu erreichen. Dabei sollte man versuchen, das eigene (inter)nationale Netzwerk zu nutzen, um mit Kolleg:innen zusammenzuarbeiten, die ähnliche inhaltliche Fragen verfolgen. Ideale Bedingungen für den Start von Kollaborationen bieten meiner Auffassung nach Tagungen. Hier sieht man, welche Kolleg:innen an ähnlichen Themen interessiert sind. Eine niedrigschwellige Möglichkeit zum Anstoß von Forschungsprojekten sind zudem Auslandsaufenthalte.

Es bleibt die Frage, wie man potentiell fruchtbare Forschungskollaborationen von potentiell unfurchtbaren unterscheiden kann. Die wichtigste Komponente dabei ist meiner Meinung nach die Sympathie zwischen den Forschenden. Wenn man langfristig eng miteinander kollaborieren möchte, dann sollte man nicht nur an ähnlichen Forschungsfragen interessiert sein, sondern sich auch auf einer menschlichen Ebene gut verstehen. Ein wichtiger Schritt für ein harmonisches Konsortium ist die frühzeitige Diskussion über die gemeinsamen Spielregeln: Welche Bedingungen müssen für eine Autor:innenschaft gegeben sein? Nach welchen Kriterien wird die Reihung der Autor:innen bestimmt? Wer erhält wann welchen Zugriff auf die Daten? All diese Fragen sollte man kollegial, aber offen im Vorhinein abklären, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden. Durch ein solches aktives Erwartungsmanagement lässt sich ein erfolgreiches Miteinander sicherstellen.