Fünf Thesen zur Integration von CCS in der Lehre

 

 

 

   Jule Scheper, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover

 

 

 

   Ahrabhi Kathirgamalingam, Universität Wien

Der sichere und reflektierte Umgang mit Computational Methods ist eine Schlüsselqualifikation, die sowohl in Wissenschaft als auch Praxis äußerst gefragt ist. Für die Kommunikationswissenschaft (KW) ergibt sich daraus die Chance, aber auch die Notwendigkeit, CCS nachhaltig in die Lehre zu integrieren. Wir beobachten diesbezüglich einen positiven Trend und möchten hier anhand von fünf Thesen auf ausgewählte Herausforderungen hinweisen und Denkanstöße für Verbesserungsmöglichkeiten geben.

1 Eine institutionelle Verankerung und curriculare Integration sind dringend notwendig!

Wir finden aus ganz unterschiedlichen Gründen eine institutionelle Verankerung und curriculare Integration von CCS-Forschung unumgänglich. Während es begrüßenswerter Weise einige Standorte gibt, an denen die Institutionalisierung von CCS bereits weit vorangeschritten ist, hängt die CCS an vielen anderen Standorten häufig vom Engagement Einzelner ab. Eine institutionelle und somit nachhaltigere Verankerung schafft jedoch bedeutende personelle und finanzielle Voraussetzungen, die unter anderem auch eine curriculare Integration ermöglichen. Denn ­Computational Methods haben sich bereits als fester Bestandteil der KW etabliert und ergänzen die klassischen Forschungsmethoden in unserem Fach – das sollte sich im besten Fall im Curriculum widerspiegeln.

2 Wir müssen kontinuierlich personelle ­Voraussetzungen schaffen!

So banal es klingen mag: Um CCS nach­haltig in die Lehre zu integrieren, benötigen wir ausreichend gut ausgebildete CCS-Lehrende. Wir halten es daher für dringend notwendig, institutionell getrieben, kontinuierlich Hürden abzubauen sowie Möglichkeiten und Anreize für Weiterbildungen zu schaffen. Besonders relevant scheinen zeitliche und finanzielle Ressourcen, da Weiterbildungen diesbezüglich häufig „on top“ erfolgen (müssten) und kaum Chancengleichheit herrscht. Aufgrund der Schnelllebigkeit von CCS sollte der Anspruch nicht darin bestehen, dass sich Einzelne in allen Bereichen weiterbilden, sondern dass aufbauend auf breitem Grund­lagenwissen eine kontinuierliche Weiterbildung in spezifischen Bereichen erfolgt. Zuletzt ­sollten wir CCS-Lehre durch die Verbesserung von Zugangsmöglichkeiten und die Sichtbarkeit von bestehenden Lehrmaterialien sowie ­Austauschformaten zu Best Practices und möglichen Standards erleichtern.

3 Wir sollten den Fokus auf theoretische und anwendungsbezogene Grundlagen legen!

Automatisierte Inhaltsanalyse, Trace-Data-­Studien, komplexe Netzwerkanalysen, und, und, und – bei CCS denken wir vor allem an die große Bandbreite an Methoden und die Geschwindigkeit, in der sie sich weiterentwickeln. Unserer Meinung nach besteht der Anspruch aber nicht darin, diese Bandbreite in ihrer Tiefe in der gesamten KW-Lehre zu integrieren. Für sinnvoll halten wir die Vermittlung von Grundlagen zu verschiedenen Methoden, ihrer Anwendung und Validierung, aber insbesondere auch ihre Einbettung in die Theorie. Ergänzend empfehlen wir Auseinandersetzungen mit Ethik, Recht und Technik. Weitergehende Kenntnisse zu CCS sollten dann nur je nach Ausrichtung des Instituts und der Studierenden vermittelt werden, auch um das Curriculum nicht zu überfrachten.

4 Mit sinnvoller Didaktik können wir Selbstwirksamkeitserfahrungen schaffen und Neugierde wecken!

Bezüglich CCS herrschen bei vielen Studierenden niedrige Selbstwirksamkeitserwartungen, und besonders die Anwendung automatisierter Methoden ist angstbehaftet. Motivierende Techniken wie Flipped-Classroom-Formate, greifbare Sandbox-Beispiele und Peer Learning schaffen Selbstwirksamkeitserfahrungen und nehmen Ängste. Fortbildungen für CCS-Lehrende sowie ein stärkerer Austausch im Fach (z. B. Erarbeitung von Best Practices; Stammtische) sollten ermöglicht und genutzt werden, um hochwertige und zielführende CCS-Lehre zu schaffen.

5 Wir profitieren in der CCS-Lehre von einer stärkeren Vernetzung und Kollaboration!

Sharing is caring – auch in der KW. Ohne Zweifel zeigt CCS, dass dies in vielen Teilen sehr gut umsetzbar ist. Viele Initiativen legen bereits die Grundsteine für eine bessere Vernetzung, mehr Kollaboration und das Teilen von Daten, Code und Lehrmaterialien. Auch Open Science gewinnt immer mehr Zustimmung. Wir sind der festen Überzeugung, dass von guter ­Vernetzung und transparenteren Praktiken nicht nur die CCS-­Forschung, sondern auch die -Lehre stark profitiert. Entsprechend würde sich hier die ­institutionelle Etablierung von nachhaltigen und vor allem interdisziplinären Infrastrukturen lohnen. Auch hier gibt es Vorreiter*innen, deren Erfahrungen und Best Practices als Richtwerte dienen können und deswegen sichtbarer gemacht werden sollten.

Um die Integration von CCS-Lehre zu ver­ein­fachen, sollten wir eine gemeinsame Werkzeugkiste erstellen, aus der sich alle bedienen können. Je nach institutioneller Ausrichtung sind für die einen viele und spezifische ­Werkzeuge hilfreich, andere brauchen nur wenige und grundlegende. Es gibt keinen einheitlichen Weg, aber wir können durch einen regen Austausch eine gemeinsame Basis schaffen.