Theorien (2004/05)

Theorien der Kommunikationswissenschaft: Bestandsaufnahme und Diskussion? Workshop der DGPuK-Fachgruppe “Soziologie der Medienkommunikation”

 

Teil 1: 21. – 23. Oktober 2004 in Erfurt (Augustinerkloster), Teil 2: 3. – 5. Februar 2005 in Bremen (Universität Bremen)

Organisation: A. Hepp, F. Krotz, C. Winter

 

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Tagungskonzept: Auf der Ebene der Theoriebildung fokussiert sich die Kommunikationswissenschaft auf empirisch abgesicherte Theorien, die ihrerseits auf grundlegendere Theorien Bezug nehmen. Solche empirisch abgesicherten Theorien sind zum Teil innerhalb der Kommunikationswissenschaft entwickelt worden – wie beispielsweise die Kultivierungstheorie, die Theorien medienvermittelter Öffentlichkeit oder Medienrezeptionstheorien. Zum Teil sind sie in Kooperation und Auseinandersetzung mit anderen Wissenschaftsdisziplinen entstanden. Dabei wurden grundlegendere Theorieansätze bspw. der Soziologie, der Psychologie oder der Kulturwissenschaft entlehnt. Die Kommunikationswissenschaft versteht sich in dieser Hinsicht als ‚Querschnittswissenschaft’ der ‚Informations-’ und/oder ‚Mediengesellschaft’: Man kann mit einiger Berechtigung sagen, dass die übernommenen Theorien nicht nur einfach benutzt, sondern auch im Hinblick auf Fragen von Medien und Kommunikation weiter entwickelt wurden. Insgesamt scheint es angesichts der gesellschaftlichen, medialen und der theoretischen Entwicklungen der letzten Jahre aber wichtig, dass die Kommunikationswissenschaft ihren Theoriebestand heute sorgfältig inspiziert, die Teile zueinander in Bezug setzt und ihr Theoriekonvolut weiterentwickelt. Dies muss heute von zwei Ebenen aus geschehen:

 

1. Erstens gilt es zu klären, welches die grundlegenden ‚Felder’ bzw. ‚Diskurse’ sind, ausgehend von denen die aktuelle kommunikationswissenschaftliche Theoriebildung erfolgt. Theoriefelder, die hier immer wieder eine zentrale Rolle spielen, sind beispielsweise Handlungstheorien, Systemtheorien, der Konstruktivismus, kritische Theorien oder Kulturtheorien. Dabei kann es gegenwärtig wohl kaum darum gehen zu versuchen, eine ‚Basistheorie’ der Kommunikationswissenschaft zu bestimmen. Stattdessen ist es aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive die zentrale Frage, was welcher dieser Theoriediskurse dafür geleistet hat, den Gegenstand einer weit definierten Kommunikationswissenschaft – nämlich mediale Kommunikation in all ihren Schattierungen und Kontextualisierungen – sowohl theoretisch als auch empirisch zu fassen und was dieser Theoriediskurs darüber hinaus für die Zukunft leisten kann. Hier ist auch von Interesse, welche dieser Theorien wie zu einer Theorie der Kommunikationswissenschaft wurde und welche Weiterentwicklung sie in diesem Fach erfahren hat.

2. Zweitens geht es um die originär kommunikationswissenschaftliche Theoriebildung, die keineswegs nur für das Fach selbst von Interesse ist, sondern auch für weitere universitäre Disziplinen anschlussfähig sein und mit den anderen Disziplinen vernetzt werden muss. Zu denken ist hier beispielsweise an so unterschiedliche Theoriefelder wie das der Medienökonomie, des Medienwandels, der Medienpolitik, des Journalismus, der inter- und transkulturellen Kommunikation, der Medienethik, der digitalen Medien, der Medienrezeption sowie von Medien und Geschlecht. In dieser zweiten Perspektive auf Theorien muss es also darum gehen, eine (selbst)kritische Bestandsaufnahme von originär kommunikationswissenschaftlichen Theorien zu leisten, dabei aber auch auf das Potenzial eben dieser Theoriebildung über die Kommunikationswissenschaft hinaus einzugehen.


Insgesamt wurden auf dem Workshop über diese beiden grundlegenden Perspektiven hinweg folgende Fragen diskutiert:

• Was sind die Leistungen, Anschlusspotenziale aber auch mögliche Grenzen bisheriger kommunikationswissenschaftlicher Theorienbildung?

• Welche grundlegenden Theoriefelder sind für die Kommunikationswissenschaft zentral? Was ist hier das Potenzial eines jeden dieser Felder aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive und wie wirkt diese Perspektive auf diese Theoriefelder zurück?

• Wie lassen sich die im Rahmen der Kommunikationswissenschaft entwickelten Theorien ordnen, in Bezug zueinander setzen und zur Vernetzung mit den anderen sozial- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen verwenden?

• Wie kann ein multiperspektivischer kommunikationswissenschaftlicher Theoriendiskurs jenseits der Vorstellung einer herausragenden oder gar holistischen ‚Basistheorie’ des Fachs aussehen? Was ist der Gewinn eines solchen multiperspektivischen Theorienverständnisses? Worauf beruht ein solcher Diskurs erkenntnistheoretisch und methodisch? Und wie grenzt es sich gegenüber Alltagstheorien ab?

• Wie soll kommunikationswissenschaftliche Theorienbildung erfolgen? Insbesondere in welcher Beziehung stehen die Theorie und die Empirie des Fachs? Was sind hier die Relationen von Theorien und dem Wandel von Kommunikation bzw. Medien??Wo liegen die Perspektiven zukünftiger kommunikationswissenschaftlicher Theorienbildung?

Diese und weitere relevante Fragen wurden als Ausgangspunkte genommen werden, um eine Bestandsaufnahme und Diskussion von Theorien der Kommunikationswissenschaft zu leisten.